Women and Justice: Keywords

Domestic Case Law

G 16/2013-16, G 44/2013-14 Österreichischer Verfassungsgerichtshof (Austrian Constitutional Court) (2013)


Abortion and reproductive health rights, Gender discrimination, International law, LGBTIQ

The local court denied the petitioner’s motion to certify the approval of her female partner to conduct in vitro fertilization with a third person’s semen. The regional court denied the appeal. It held that the wording of the Austrian Reproductive Medicine Act (FMedG) aims to exclude same-sex parenthood. The Supreme Court decided to bring this question to the attention of the Austrian Constitutional Court. The Austrian Constitutional Court decided that certain sections of the FMedG were unconstitutional. Referencing the European Court of Human Right’s judgements, the Court stressed that same-sex partnerships can fall under the protection of Article 8 of the EHRC as a family. Even though the legislature has discretion in the implementation of new rules, the FMedG is missing sufficient grounds for a differential treatment of same sex couples and heterosexual couples. The impact of this decision was far-reaching because it made it immediately permissible for lesbian couples to receive sperm donations and reproductive medication. Before this decision, these medical treatments were solely available to heterosexual couples.

Das Amtsgericht lehnte den Antrag der Antragsstellerin ab, die Zustimmung ihres weiblichen Partners zur Durchführung einer In-vitro-Fertilisation mit dem Samen einer dritten Person zu bescheinigen. Das Landgericht wies die Berufung zurück. Es vertrat die Auffassung, dass der Wortlaut des österreichischen Fortpflanzungsmedizingesetzes (FMedG) darauf abziele, gleichgeschlechtliche Elternschaft auszuschließen. Der Oberste Gerichtshof beschloss, den österreichischen Verfassungsgerichtshof mit dieser Frage zu befassen. Der österreichische Verfassungsgerichtshof entschied, dass bestimmte Abschnitte des FMedG verfassungswidrig sind. Unter Verweis auf die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte betonte das Gericht, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften als Familie unter den Schutz von Artikel 8 der EMRK fallen können. Auch wenn der Gesetzgeber bei der Umsetzung neuer Regelungen einen Ermessensspielraum hat, fehlt es dem FMedG an einer ausreichenden Begründung für eine unterschiedliche Behandlung von gleichgeschlechtlichen und heterosexuellen Paaren. Die Auswirkungen dieser Entscheidung waren weitreichend, da sie es lesbischen Paaren sofort erlaubte, Samenspenden und reproduktionsmedizinische Behandlungen in Anspruch zu nehmen. Vor dieser Entscheidung waren diese medizinischen Behandlungen ausschließlich heterosexuellen Paaren vorbehalten.



In der Beschwerdesache der A (In the Matter of A.) [E 1043/2020-10] Österreichischer Verfassungsgerichtshof (Austrian Constitutional Court) (2020)


Female genital mutilation or female genital cutting, Forced and early marriage, Gender discrimination, Gender violence in conflict, Gender-based violence in general, Harmful traditional practices, International law

The appellant, a 22-year-old Somali woman, applied to the Austrian government for asylum and international protection, stating that she was abducted by the Al-Shabaab Militia and her uncle arranged a forced marriage for her. Her application for asylum and international protection was rejected by the relevant asylum authorities and the Austrian Federal Administrative Court on the grounds that the reasons stated by the appellant were not credible, too vague, and contradictory. In addition, the fact that she still had family (including her uncle) in Somalia was deemed as sufficient proof that she could lead a life without undue hardship. However, the Austrian Constitutional Court ultimately revoked this judgment, finding (among other conclusions) that the circumstances of this case were not given sufficient consideration, particularly, the fact that it would be unreasonable for the plaintiff to return to her family. The court did not sufficiently investigate and consider that the appellant’s uncle appeared to have beaten her several times, robbed her, locked her up, forced genital mutilation upon her and arranged for a forced wedding. The Court found the appellant’s right to equal treatment violated.

Die Beschwerdeführerin, eine 22-jährige Somalierin, beantragte bei der österreichischen Regierung Asyl und internationalen Schutz mit der Begründung, sie sei von der Al-Shabaab-Miliz entführt und von ihrem Onkel zwangsverheiratet worden. Ihr Antrag auf Asyl und internationalen Schutz wurde von den zuständigen Asylbehörden und dem österreichischen Bundesverwaltungsgericht mit der Begründung abgelehnt, die von der Beschwerdeführerin angegebenen Gründe seien nicht glaubwürdig, zu vage und widersprüchlich. Darüber hinaus wurde die Tatsache, dass sie noch Familie (einschließlich ihres Onkels) in Somalia hatte, als ausreichender Beweis dafür angesehen, dass sie ein Leben ohne unzumutbare Härten führen konnte. Der österreichische Verfassungsgerichtshof hob dieses Urteil jedoch schließlich auf, weil er (neben anderen Schlussfolgerungen) feststellte, dass die Umstände dieses Falles nicht ausreichend berücksichtigt worden waren, insbesondere die Tatsache, dass es für die Klägerin unzumutbar wäre, zu ihrer Familie zurückzukehren. Das Gericht hat nicht ausreichend untersucht und berücksichtigt, dass der Onkel der Rechtsmittelführerin sie offenbar mehrfach geschlagen, ausgeraubt, eingesperrt, ihr eine Genitalverstümmelung aufgezwungen und eine Zwangshochzeit arrangiert hat. Das Gericht stellte fest, dass das Recht der Beschwerdeführerin auf Gleichbehandlung verletzt wurde.



In der Beschwerdesache der A (In the Matter of A.) [E 1689/2020-5] Österreichischer Verfassungsgerichtshof (Austrian Constitutional Court) (2020)


Gender violence in conflict, Gender-based violence in general, International law

The 90-year-old female appellant (an Iraqi national) applied to the Austrian government for asylum and international protection, stating that due to the war in Iraq, she feared for her life and for her family. She stated that she had been threatened by various battle groups. It appeared that the appellant was confined to a wheelchair and suffered from various illnesses including labyrinthine deafness, arterial hypertonia, kidney cysts, and dementia with behavioral disorder. Her application for international protection was rejected by the relevant asylum authorities and the Austrian Federal Administrative Court on the grounds that she did not meet the criteria for asylum or international protection. Among other reasons, her medical conditions were found to be insufficiently serious and of a nature that could be treated in Iraq. In addition, the fact that she still had family in Iraq to support her was found to be sufficient proof that she could lead a life without undue hardship. However, the Constitutional Court ultimately revoked this judgment, finding (among other conclusions) that the circumstances of the case were not sufficiently considered, especially the appellant’s age, serious medical condition, unreasonable difficulty accessing medical treatment in Iraq. Therefore, the Court found (1) the appellant’s rights of Article 3 European Human Rights Convention to be violated, and (2) the lower court’s decision arbitrary.

Die 90-jährige Beschwerdeführerin (eine irakische Staatsangehörige) beantragte bei der österreichischen Regierung Asyl und internationalen Schutz mit der Begründung, dass sie aufgrund des Krieges im Irak um ihr Leben und ihre Familie fürchte. Sie gab an, dass sie von verschiedenen Kampfgruppen bedroht worden sei. Es stellte sich heraus, dass die Beschwerdeführerin an einen Rollstuhl gefesselt war und an verschiedenen Krankheiten litt, darunter labyrinthische Taubheit, arterielle Hypertonie, Nierenzysten und Demenz mit Verhaltensstörungen. Ihr Antrag auf internationalen Schutz wurde von den zuständigen Asylbehörden und dem österreichischen Bundesverwaltungsgericht mit der Begründung abgelehnt, sie erfülle nicht die Kriterien für Asyl oder internationalen Schutz. Unter anderem wurde ihr Gesundheitszustand als nicht so schwerwiegend eingestuft, sodass dieser auch im Irak behandelt werden könne. Außerdem wurde die Tatsache, dass sie noch Familie im Irak hat, die sie unterstützen könnte, als ausreichender Beweis dafür angesehen, dass sie ein Leben ohne unzumutbare Härten führen kann. Das Verfassungsgericht hob dieses Urteil jedoch schließlich auf und stellte (neben anderen Schlussfolgerungen) fest, dass die Umstände des Falles nicht ausreichend berücksichtigt wurden, insbesondere das Alter der Beschwerdeführerin, ihr schwerer Gesundheitszustand und die unzumutbaren Schwierigkeiten beim Zugang zu medizinischer Behandlung im Irak. Daher stellte das Gericht fest, dass (1) die Rechte des Beschwerdeführers aus Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt wurden und (2) die Entscheidung der unteren Instanz willkürlich war.



Legislation

Strafgesetzbuch (StGB) Abtreibung § 321a: Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Penal Code Article 321a: Crimes Against Humanity) (1974)


International law, Sexual violence and rape

Section 321a (1) and (3) provide that a person who holds a woman captive who has been impregnated through the use of coercion, with the intent to influence the ethnic composition of a population or to commit other serious violations of international law, is punishable by imprisonment for a term of 5-15 years, or, if such an act results in the death of a person, a term of 10-20 years or life imprisonment. The abovementioned applies where such acts are performed as part of an extended or systematic attack against a civilian population.

Gemäß § 321a (1), (3) ist eine Person mit 5 bis 15 Jahren Gefängnis zu bestrafen, wenn sie im Rahmen eines systematischen und ausgedehnten Angriffskrieges gegen die Zivilbevölkerung eine Frau gefangen hält, die unter Anwendung von Zwang geschwängert wurde und dies mit dem Ziel erfolgt, die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung zu beeinflussen oder andere schwere Verletzungen des Internationalen Rechts vorzunehmen. Wenn die Handlung den Tod der anderen Person herbeiführt, ist die Strafe zwischen 10 und 20 Jahren oder sogar lebenslänglicher Freiheitssrafe festzusetzen.



International Case Law

Yildirim gg. Österreich [C/39/D/6/2005] CEDAW Committee (UNO-Frauenrechtsausschuss) (2007)


Divorce and dissolution of marriage, Domestic and intimate partner violence, Femicide, Harmful traditional practices, International law

The decedent sought to divorce her husband who threatened to kill her and her children if she ever initiated divorce proceedings. In response to the decedent’s numerous reports of assault and dangerous criminal threats, the Austrian police issued an expulsion and prohibition-to-return order against her husband. The police also recommended that her husband be detained, but the Vienna Public Prosecutor twice denied the request. The decedent appealed to the Vienna Intervention Center (“VIC”) after her husband repeatedly came to her workplace to harass and threaten her; the VIC asked the police to pay more attention to the decedent’s case. When the decedent finally filed a petition for divorce at the Vienna District Court of Hernals, her husband followed her home from work and fatally stabbed her. The complaint stated that the State’s action violated Article 1 of the Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women (“CEDAW”) because the Austrian criminal justice system negatively impacts women through the public prosecutors’ failure to treat cases of domestic violence seriously. The complaint also stated that the failure of judicial officials and law enforcement to collect data and maintain statistics on domestic violence instances denied the decedent the enjoyment of her human rights in violation of Article 2 and 3 of CEDAW on eliminating laws, regulations, and customs that adversely effect women. Finally, the complaint stated a violation of Article 5 of CEDAW on eliminating social and cultural attitudes towards women in the State’s continual treatment of domestic violence as a social or domestic problem rather than a serious crime. The Committee held that the Austrian police force’s failure to detain the decedent’s estranged husband was in breach of the State’s due diligence obligation to protect the decedent, noting that a perpetrator’s rights cannot superseded women’s human rights to life and to physical and mental integrity. The Committee also took note of the correlation between lenient attitudes towards women’s cultural subordination and domestic violence. Although Austria prosecuted the decedent’s husband to the fullest extent for her death, the Committee found violations of Articles 2 and 3 upon which they recommended that Austria strengthen its implementation and monitoring of the Federal Act for the Prevention against Violence within the Family, and ensure enhanced coordination between police and judicial officers to protect women victims of gender-based violence.

Die Verstorbene wollte sich von ihrem Ehemann scheiden lassen. Dieser drohte ihr, dass er sie und die Kinder umbringen würde, sollte sie jemals ein förmliches Scheidungsverfahren anstrengen. Als Reaktion auf die zahlreichen Anzeigen der Verstorbenen von Übergriffen und gefährlichen Drohungen erließ die österreichische Polizei einen Wohnungsverweis und ein Rückkehrverbot gegen den Ehemann. Die Polizei hat außerdem empfohlen, den Ehemann festzunehmen, allerdings hat die Staatsanwaltschaft Wien dies zweimal zurückgewiesen. Die Verstorbene hat die Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie („Interventionsstelle“) angerufen, nachdem der Ehemann wiederholt auf ihrer Arbeitsstelle erschien, um sie zu belästigen und zu bedrohen; die Interventionsstelle ersuchte die Polizei, der Angelegenheit um die Verstorbene mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Letztlich beantragte die Verstorbene die Scheidung bei dem Bezirksgericht Hernals in Wien. Kurz darauf folgte der Ehemann seiner Frau von der Arbeit nach Hause und erstach sie. Die Beschwerde bringt vor, dass das staatliche Verhalten eine Verletzung von Artikel 1 der UN-Frauenrechtskonvention darstelle. Das Wiener Strafsystem wirkt sich negativ auf Frauen aus, indem die Staatsanwaltschaft versagt, Fälle von häuslicher Gewalt ernst zu nehmen. Weiterhin geht aus der Beschwerde hervor, dass das Unterlassen der Gerichtsbediensteten und Staatsanwaltschaft, Daten zu sammeln, und Statistiken über häusliche Gewalt zu führen, der Verstorbenen das Recht nahm, ihre Menschenrechte wahrzunehmen. Dies stelle eine Verletzung von Artikel 2 und 3 der UN-Frauenrechtskonvention dar, die eine Vernichtung von Gesetzen, Richtlinien und sonstigen Gewohnheiten, die Frauen negativ beeinflussen, verlangen. Zuletzt meinen die Beschwerdeführer, eine Verletzung von Artikel 5 der UN-Frauenrechtskonvention liege vor. Hiernach obliegt dem Staat eine Pflicht, soziale und kulturelle Vorurteile zu überkommen, um häusliche Gewalt gegenüber Frauen als ernstzunehmende Straftat zu erkennen, und nicht weiterhin als rein soziales oder häusliches Problem abzutun. Der Ausschuss stellte fest, dass das Unterlassen der österreichischen Polizei, den Ehemann festzunehmen, die staatliche Schutzpflicht gegenüber der Verstorbenen verletzte. Hierbei betonte er, dass die Rechte des Straftäters nicht schwerer wiegen können als die Menschenrechte der Frau auf Leben und psychische sowie physische Unversehrtheit. Der Ausschuss hat darüber hinaus auf die Korrelation zwischen der kulturellen Unterwerfung einer Frau und häuslicher Gewalt hingewiesen. Obwohl die Staatsanwaltschaft den Ehemann wegen der Tötung der Verstorbenen mit allen rechtlichen Mitteln verfolgte, befand der Ausschuss, dass der Staat seine Pflichten aus Artikel 2 und 3 der UN-Frauenrechtskonvention verletzte. Der Ausschuss empfahl daher, dass Österreich die Durchsetzung und Überwachung der Einhaltung des Bundesgesetzes zum Schutz vor Gewalt in der Familie verbessert, eine verbessere Koordinierung von Polizeiarbeit und Staatsanwaltschaft sicherstellt, um Frauen vor Gewalt zu schützen.



Goekce v. Austria (Goekce gg. Österreich) [C/39/D/5/2005] CEDAW Committee (2007)


Domestic and intimate partner violence, Femicide, International law

The decedent’s husband shot and killed her in front of their two daughters in 2002. Before her death, the decedent had obtained three expulsion and prohibition-to-return orders against her husband in response to repeated episodes of domestic violence. The Vienna Public Prosecutor denied police requests to detain the decedent’s husband, and stopped the prosecution against him on the basis of insufficient grounds two days before the murder. Police reports show that the law enforcement failed to respond in a timely fashion to the dispute that resulted in the decedent’s murder. The decedent’s heirs brought this complaint to the Committee on the Elimination of Discrimination against Women on behalf of the decedent. The complaint argued that Austria’s Federal Act for the Protection against Violence within the Family provided ineffective protection for victims of repeated, severe spousal abuse, and that women are disproportionately affected by the State’s failure to prosecute and take seriously reports of domestic violence. The Committee found that although Austria has established a comprehensive model to address domestic violence, State actors must investigate reports of this crime with due diligence to effectively provide redress and protection. The Committee concluded that the police knew or should have known that the decedent was in serious danger, and were therefore responsible for failing to exercise due diligence in protecting her. By allowing the perpetrator’s rights to supersede the decedent’s human rights to life and to physical and mental integrity, Austrian law enforcement violated its obligations to end gender discrimination through the modification or enactment of appropriate legislation under Article 2 of the Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women (“CEDAW”), and its Article 3 obligation to guarantee women’s exercise and enjoyment of human rights and fundamental freedom on a basis of equality with men. Particularly, the Committee recommended that Austria strengthen its implementation and monitoring of the Federal Act for the Protection against Violence within the Family, respond to complaints of domestic violence with due diligence, and provide adequate sanctions for failure to do so.

Der Ehemann erschoss die Verstorbene vor den Augen der beiden Töchter im Jahre 2002. Vor ihrem Tod hat die Verstorbene in Reaktion auf wiederholte Ausbrüche von häuslicher Gewalt bereits dreimal ein Hausverbot und ein Rückkehrverbot gegen ihren Ehemann erwirkt. Die Staatsanwaltschaft Wien wies das Ersuchen der Polizei, den Ehemann festzunehmen, wiederholt zurück. Zwei Tage vor der Tötung hat die Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung mangels ausreichender Beweislage eingestellt. Aus den Polizeiberichten ergibt sich, dass die Strafverfolgung versagt hat, zeitgemäß auf die Gefahrenlage, aus der sich die Tötung ergeben hat, zu reagieren. Die Beschwerde wurde von den Erben der Verstorbenen in ihrem Namen angestrengt und vor den Frauenrechtsausschuss der UNO gebracht. Hierin argumentieren die Erben, dass das Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie keinen ausreichenden Schutz für Opfer von wiederholter, ernstzunehmender häuslicher Gewalt bietet und Frauen das Versagen der staatlichen Strafverfolgung dessen überproportional oft erfahren.



Brachner gg. Pensionsversicherungsanstalt European Court of Justice (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) (2011)


International law

The plaintiff brought an action against the Pensionsversicherungsanstalt (literally translated: Pension Insurance Institution) claiming a higher pension, arguing that the implementation of an adjustment factor for pensions, established in 2008, resulted in indirect discrimination against women who were disproportionately less likely to qualify for an exceptional pension increase. Upon referral from the Austrian Supreme Court, the European Court of Justice held that (1) an annual pension adjustment scheme comes within the scope of the EU Directive guaranteeing equal treatment of men and women in matters of social security, (2) a national arrangement that excludes from an exceptional pension increase a significantly higher percentage of female pensioners would violate the Directive, and (3) the disadvantage cannot be justified by the fact that women receive their pension at an earlier age or that they receive their pension over a longer period.

Die Klägerin erhob Klage gegen die beklagte Pensionsversicherungsanstalt, mit der sie die Zahlung einer monatlichen Rente verlangte. Sie brachte vor, dass die Festsetzung eines Anpassungsfaktors im Jahr 2008 bezüglich ihrer Pension eine mittelbare Diskriminierung von Frauen darstelle, da Frauen überproportional häufig nicht die Voraussetzungen für eine außerordentliche Pensionserhöhung erfüllten. Der Oberste Gerichtshof legte dem Europäischen Gerichtshof diese Angelegenheit zur Vorabentscheidung vor. Der EGMR befand, dass (1.) ein jährliches Pensionsanpassungssystem in den Anwendungsbereich der EU-Gleichbehandlungsrichtlinie im Bereich der sozialen Sicherheit fällt; (2.) das vorlegende Gericht zu der Annahme berechtigt wäre, dass die entsprechende nationale Regelung, die eine überproportional höhere Zahl von Frauen von einer außerordentlichen Pensionserhöhung ausschließt, im Widerspruch zur EU-Richtlinie steht; und (3.) dieser Nachteil nicht durch die Tatsache gerechtfertigt werden kann, dass Frauen ihre Rente in einem früheren Alter erhalten, oder dass sie länger Rente beziehen als Männer.



Pensionsversicherungsanstalt v. Kleist European Court of Justice (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) (2010)


Employment discrimination, Gender discrimination, International law

The plaintiff in the original proceeding was employed as chief physician for defendant, a pension insurance institution. She was terminated pursuant to a policy requiring termination of all employees, both men and women, upon reaching the age at which they could draw a public retirement pension (in the case of plaintiff: 60 years of age). The plaintiff argued that the termination policy was discriminatory because, under the pension statute, women were able to draw a pension at an age five years younger than men; thus, requiring their termination five years earlier. After proceedings in the lower courts, the Austrian Supreme Court referred to the European Court of Justice the question of whether the policy constituted prohibited discrimination on the grounds of sex. The Court answered the question in the affirmative, holding that since the criterion used by such a policy is inseparable from the worker’s sex, there is a difference in treatment that is directly based on sex. Having found direct discrimination, the Court also held that the difference in treatment could not be justified by the objective of promoting employment of younger persons.

Die Klägerin im Ausgangsverfahren, C. Kleist, war als leitende Ärztin bei der Beklagten eingestellt. Die Beklagte fasste den Beschluss, allen Mitarbeitern – männlich als auch weiblich – zu kündigen, die ein Alter erreicht haben, in dem sie das Recht haben, eine gesetzliche Rente zu beziehen (im Falle der Klägerin 60 Jahre) und kündigten ihr entsprechend. Die Klägerin betrachtet diesen Beschluss der Beklagten als diskriminierend, denn nach dem entsprechenden Rentenrecht seien Frauen fünf Jahre früher als Männer berechtigt, eine Rente zu beziehen; daher ermögliche dies auch eine Kündigung fünf Jahre früher als bei den männlichen Kollegen. Der Oberste Gerichtshof legte dem EGMR im Vorabentscheidungsverfahren die Frage vor, ob dieser Beschluss eine verbotene geschlechterspezifische Diskriminierung darstelle. Dies bejahte der Gerichtshof. Er stellte fest, dass das Kriterium eines solchen Beschlusses untrennbar mit dem Geschlecht der Arbeitnehmerin einhergeht, also eine unmittelbare unterschiedliche Behandlung aufgrund des Geschlechtes darstellt. Die unmittelbare Diskriminierung kann, so der Gerichtshof, nicht durch das Ziel der Förderung einer Anstellung jüngerer Menschen gerechtfertigt werden.



M. gg. Bäckerei und Konditorei Gerhard Flöckner OHG [C-506/06] European Court of Justice (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) (2008)


Employment discrimination, Gender discrimination, International law

The plaintiff was employed as a waitress with Konditorei Gerhard Flöckner, and was terminated while undergoing in vitro fertilization (“IVF”). She then filed suit to recover payment of her salary, claiming the termination was invalid under the Maternity Protection Act. She argued that from the date of her IVF treatment (two days before termination of her employment) she was entitled to national legislative protections against dismissal. After proceedings in the lower courts, the Austrian Supreme Court referred to the European Court of Justice the question of whether a female worker is entitled to protection from dismissal before IVF implantation. The European Court of Justice answered the question in the negative. However, the Court also held that EU Directives on the implementation of equal treatment for men and women regarding access to employment, vocational training, and working conditions preclude the dismissal from employment of a woman who is undergoing IVF where it is established that the dismissal was based on such treatment.

Die Klägerin war als Kellnerin bei der Beklagten angestellt. Ihr wurde gekündigt, während sie sich einer Behandlung zur in vitro Befruchtung unterzog. Aus Sicht der Klägerin war die Kündigung rechtswidrig nach dem Mutterschutzgesetz und sie klagte ihren Lohn ein. Sie argumentierte, dass ihr seit dem Tag der in vitro Behandlung (zwei Tage vor der Kündigung) der Kündigungsschutz unter dem Mutterschutzgesetz zustand. Nachdem die Parteien durch die unteren Gerichte zogen, legte der Oberste Gerichtshof die Frage dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Vorabentscheidung vor. Die Frage lautete, ob einer weiblichen Arbeitnehmerin der vorgebrachte Kündigungsschutz zusteht, bevor die befruchteten Eizellen in die Gebärmutter eingesetzt wurden.



O. gg. Österreich (O. v. Austria) European Court of Human Rights (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) (2011)


Female genital mutilation or female genital cutting, International law

The applicant, a Nigerian woman, fled to avoid female genital mutilation (“FGM”) and sought asylum in Austria. Austria rejected her application for asylum and she appealed, arguing under Article 3 of the Convention that she ran the risk of being forced to undergo FGM if she expelled to Nigeria. The Federal Asylum Office and the Asylum Court rejected her application. They reasoned that she could have sought the state’s protection and due to her age (she was born in 1973), education, and work experience she should have been able to live safely in other parts of Nigeria on her own. The European Court of Human Rights rejected the complaint of applicant and essentially repeated the reasoning of the Asylum Office and the Asylum Court. It further stated that the circumstances of the applicant’s life in Austria would be more favorable than in Nigeria, but that is not a determinative factor in Article 3 complaints.

Die Antragstellerin, eine nigerianische Frau, floh nach Österreich, wo sie Asyl beantragte, um der weiblichen Genitalverstümmelung in ihrem Land zu entkommen. Ihr Asylantrag wurde zurückgewiesen, wogegen sie Beschwerde einlegte. Sie brachte vor, dass ihr eine Gefahr i.S.v. Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention drohe, eine aufgezwungene weibliche Genitalverstümmelung, wenn sie nach Nigeria ausgewiesen würde. Das Bundesasylamt und der Asylgerichtshof haben ihren Antrag zurückgewiesen. Diese Entscheidung begründeten sie damit, dass die Antragstellerin den Schutz des Staates hätte suchen können und aufgrund ihres Alters (Geburtsjahr 1973), ihrer Bildung und Arbeitserfahrung hätte sie in anderen Teilen des Landes sicher leben können. Diese Argumentation übernahm der EGMR und wies die Beschwerde der Antragstellerin entsprechend zurück. Er argumentierte weiterhin, dass die Lebensumstände der Antragstellerin in Österreich wohl zwar angenehmer sein können als in Nigeria, dies allerdings nicht der entscheidende Faktor für eine Beschwerde unter Artikel 3 der Menschenrechtskonvention sein könne.



Case of Schmidt v. Germany European Court of Human Rights (1994)


Employment discrimination, Gender discrimination, International law

The Court found a law that only required men, and not women, to serve as firefighters, or alternatively, required men to pay a fire service levy, was discriminatory and violated the ECHR.


Der Gerichtshof stellte fest, dass ein Gesetz, das nur Männer und nicht Frauen zum Feuerwehrdienst verpflichtete bzw. von Männern die Zahlung einer Feuerwehrgebühr verlangte, diskriminierend war und gegen die EMRK verstieß.



Hofmann v. Barmer Ersatzkasse European Court of Justice (1984)


Employment discrimination, Gender discrimination, International law

The plaintiff, an unmarried father, took off six months from work to take care of the child while the child’s mother was working for which he demanded “maternity” leave payments for from the defendant, the relevant sickness fund. The defendant refused to pay. The German lower social court decided that the legislation only permitted maternity leave and not paternity leave. On appeal, the German state social court involved the European Court of Justice (“ECJ”) in order to interpret Directive 76/207 with respect to the raised issue. In interpreting Directive 76/207, the ECJ decided that the Directive cannot force member states to grant the equivalent of paid maternity leave to fathers, even if the parents decide that the father is responsible for child care. The ECJ held that the member states have discretion to regulate “the social measures which they adopt in order to guarantee […] the protection of women in connection with pregnancy and maternity and to offset the disadvantages which women, by comparison with men, suffer with regard to the retention of employment.”

Der Kläger, der Vater wurde, ließ sich für sechs Monate von der Arbeit freistellen, um sich um das Kind zu kümmern, während die Mutter des Kindes ihrer Beschäftigung nachging. Er verlangte von der zuständigen Krankenkasse, der Beklagten, die Zahlung von „Mutterschaftsurlaub“ für den unbezahlten Urlaub. Die Beklagte weigerte sich zu zahlen. Das deutsche Landessozialgericht entschied, dass nach den Rechtsvorschriften nur Mutterschaftsurlaub, nicht aber Vaterschaftsurlaub zulässig sei. In der Revisionsinstanz hat das deutsche Landessozialgericht den Gerichtshof angerufen, um die Richtlinie 76/207 im Hinblick auf die aufgeworfene Frage auszulegen. Bei der Auslegung der Richtlinie 76/207 entschied der Gerichtshof, dass die Richtlinie die Mitgliedstaaten nicht zwingen kann, Vätern das Äquivalent eines bezahlten Mutterschaftsurlaubs zu gewähren, selbst wenn die Eltern entscheiden, dass der Vater für die Kinderbetreuung zuständig ist. Der Gerichtshof stellte fest, dass die Mitgliedstaaten über einen Ermessensspielraum verfügen, wenn es darum geht, die sozialen Maßnahmen zu regeln, „die sie ergreifen, um [...] den Schutz der Frau bei Schwangerschaft und Mutterschaft zu gewährleisten und die für die Frau anders als für den Mann tatsächlich bestehenden Nachteile in Hinblick auf die Beibehaltung des Arbeitsplatzes auszugleichen“.